Henry Ford war ein Meister im Imageaufbau. Er folgte dem damaligen Trend, Erwachsenenbildung mit Outdoor-Aktivitäten zu verbinden. In einer Zeit, in der viele Amerikaner 6 Tage die Woche, 10 oder mehr Stunden pro Tag, arbeiteten, beschritt Ford einen Weg, um der Kultur mehr Geltung zu verschaffen, ein Produkt zu verkaufen und sich selbst als "Mann des Volkes" zu repositionieren. War vorher das Zelten in der allgemeinen Vorstellung nur Soldaten vorbehalten oder ein Weg für diejenigen, welche eine harte Zeit durchzustehen hatten, so war jetzt das Auto Camping eine Art von Selbstverbesserung. Ins Freie zu gehen galt als Notwendigkeit, es kam einer Besinnung auf die eigenen Wurzeln gleich und war eine warme Erinnerung an vergangene Zeiten. Und es wurde durch eine Maschine von Ford ermöglicht - im Grunde genommen eine Ironie.
Die Vagabunden in ihren dreiteiligen Anzügen, mit Krawatten und steifen Krägen, besuchten die Great Smokies, die Maryland Wasserscheide, die Berge von Vermont und fuhren quer durch New Hampshire, um schließlich mit ihren zwei Packards, zwei Modell Ts und zwei Ford Lastwägen den Wald von West Virginia zu erreichen. Im Sinne der Cowboy-Tradition wurde auch ein von Ford entwickelter "Chuck Wagon" (Anm. Die geneigte Leserin/der geneigte Leser kennt diesen sicher noch aus "Lucky Luke"
) mitgeführt. Hierbei handelte es sich um eine frühes Exemplar eines Sport Utility Vehicle (SUV), abgeleitet von einem Roadster, welches regelmäßig durch die Fließbänder in Dearborn geschickt wurde, mit einigen Updates inklusive.
Vollständig ausgerüstet (zu besichtigen im Ford Museum) beinhaltete dieser Chuck Wagon eine Küche mit Vorratsabteil, einen großen Benzinofen, welcher vom Benzintank des Fahrzeugs gespeist wurde, einen Eiskasten und Seitenteile, die zu einem Tisch für 20 Personen heruntergeklappt werden konnten. Auch der obligatorische Gong als Signal zum Essenfassen fehlte nicht. Das Begleitkommando umfasste 7 Personen: Zeltaufsteller, Köche, Flaschenwäscher und Fahrer. Gelegentlich nahmen Edison und Ford noch ihre persönlichen Sekretäre mit. Als sie auch von ihren Frauen begleitet wurden, erhöhte sich der Personalstand durch Garderobiere und Bedienerinnen.
Zum Tross gehörten des Weiteren (auf Veranlassung Fords) ein Rudel Schreiber und Fotografen, immer begierig darauf, jeden Schritt zu verfolgen und zu dokumentieren. Die Vagabunden veranstalteten Hochsprungwettkämpfe und maßen ihre Kräfte beim Baumfällen - alles Material für die erste Seite.
Aber die simple Botschaft dieser Titanen war: Wir sind ganz einfache Leute und lieben Camping.
Jeden Tag blieben sie bei lokalen Geschäften oder Farmen stehen, um mit den Einheimischen zu sprechen. Im Zuge dessen boten sie Ratschläge oder Hilfestellungen an. Die Presse ließ sich dies natürlich nicht entgehen. So z. B. bei einer Garage in Connellsville, Pennsylvania: Der Konvoy musste dort stehenbleiben, um einen von den Packards reparieren zu lassen. Der Mechaniker vor Ort meinte, dass der Ventilator vom Kühler nicht mehr zu reparieren sei, sie sollten einen neuen bestellen. Ford borgte sich höflich das Werkzeug aus und begann den Ventilator zu reparieren, während Edison die Menge unterhielt, indem er darüber diskutierte, wie viel Energie man erzeugen könnte, wenn ein Staudamm beim nahe gelegenen Fluss errichtet werden würde. Die Kameras machten: "Klick, klick, klick!". Die Schlagzeile des nächsten Tages lautete: "Henry Ford hat keine Angst vor der Arbeit, er repariert sein beschädigtes Auto selbst."
(vgl. Twitchell, 2014, S. 78 ff.)